11 Jahre Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär Potsdam
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Einige Worte zur "Friedensbewegung"Redebeitrag zur Demo und Sitzblockade am 29.03.03 nach und in GeltowDer Krieg gegen den Irak und danach voraussichtlich gegen noch weitere Staaten hat die Karten neu gemischt. Das gilt für die postsozialistischen und kapitalistischen Staaten- und Militärbündnisse ebenso wie für die deutsche Friedensbewegung. Die Friedensbewegung ist leider keine politische Organisation, die gemeinsame Beschlüsse fassen und Strategien umsetzen könnte. Sie ist eher ein lockeres Bündnis verschiedenster Gruppen und Personen mit völlig unterschiedlichen und sich zum Teil antagonistisch gegenüberstehenden Interessen. Das NEIN der Jusos zum Irakkrieg ist dem NEIN von Antikapitalistinnen oder Antimilitaristen so entgegengesetzt wie die diesem NEIN zugrundeliegenden gesellschaftlichen Vorstellungen und Ansprüche. Ein Ziel unserer heutigen Demonstration und Sitzblockade ist es, die Unterschiede zwischen diesen NEIN deutlich zu machen und der Vereinnahmung antikapitalistischer Positionen gegen den Krieg für die Politik der Bundesregierung oder das Schüren antisemitischer Tendenzen entgegenzutreten. Auf den Friedensdemonstrationen dieser Tage sind mitunter eigentümliche bis bizarre Erscheinungen zu beobachten: Da demonstrieren Grüne und Sozialdemokraten mitsamt Parteifahnen gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Mit Schildern wie "Durchhalten Joschka" oder "Weiter so, Gerhard" oder sogar "CheGerhard" ziehen sie durch die Straßen. Als Redner treten grüne Bundestagsabgeordnete und SPD-Ministerpräsidenten auf und weisen mit mahnender Stimme darauf hin, daß es kein UN-Mandat für den Irakkrieg gibt. Wie verlogen diese Reden sind, zeigt sich schon daran, daß erst vor wenigen Jahren Jugoslawien unter maßgeblicher Beteiligung der rot-grünen Bundesregierung ohne UN-Mandat von der NATO angegriffen wurde. Dieser Angriffskrieg war ein völkerrechtlicher Dammbruch, der nicht nur den Irakkrieg begünstigt hat, sondern den Übergang zum zwischenstaatlichen Faustrecht eingeleitet hat. Auf Veranstaltungen, die sich nicht nur gegen den Krieg gegen den Irak, sondern gegen den Krieg und seine gesellschaftlichen Ursachen generell richtet, haben schon deshalb (und schon ungeachtet der Tatsache, daß die Bundesregierung den Irakkrieg in vielfältiger Weise praktisch unterstützt) weder SPD-Ministerpräsidenten noch grüne Parteifähnchen etwas zu suchen. Eine viele Demonstrationen beherrschende Parole war in den letzten Wochen das gut skandierbare "USA - Internationale Völkermordzentrale". In Potsdam tauchte auf einer Kundgebung der Friedenskoordination ein Transparent auf, das George Walker Bush als "US-Adolf" bezeichnete. Offenbar besteht in deutschen Friedensdemonstrationen erheblicher Aufklärungsbedarf darüber, was Völkermord ist und daß der deutsche Faschismus gerade in seinem rassistisch motivierten und bis in die Gaskammern von Auschwitz praktizierten Vernichtungswillen gegenüber Juden, Sinti und Roma bislang geschichtlich einmalig geblieben ist und daß daher entsprechende Vergleiche eine Verharmlosung des Faschismus sind. Da wundert es denn auch nicht mehr, daß hier und da auch Rechtsradikale in Friedensdemonstrationen geduldet werden. Entsprechende Kritik an Erscheinungen auf Friedenkundgebungen teilen wir. Die Denunziation jeder Antikriegsposition sei es als antisemitisch, antiamerikanisch oder was auch immer weisen wir zurück. Gerade weil die Friedensbewegung keine feste politische Organisation ist, ist die pauschale Kritik an allen Kriegsgegnerinnen kein Argument, sondern eine Kommunikationsstrategie, in der die Friedensbewegung zu einer einheitlichen Organisation umgelogen wird, um einzelne Äußerungen allen anlasten zu können. Die Friedensbewegung dient nicht nur als Sammelbegriff, sondern als Zurechnungskonstrukt. Das ist weder linke Kritik noch seriöse Analyse, sondern erinnert eher an bürgerliche Hetze und Demagogie. Es gibt verschiedene Gründe, den Angriff der USA, Großbritanniens und ihrer Verbündeten auf den Irak zu unterstützen. Ob es eigene wirtschaftliche Interessen sind oder der naive Glaube ist, der irakischen Bevölkerung Demokratie und Menschenrechte zu bescheren - beide JA nehmen die Aufweichung des Völkerrechtes in Kauf und setzen auf Repression, statt Emanzipation. Oft wird darauf verwiesen, daß auch das NS-Regime militärisch von außen befreit werden mußte. In den PNN von heute sprach ein britischer Militär von der Notwendigkeit, die Anhänger Husseins auszuradieren. Auch diese Argumente und Vokabeln sind historisch fragwürdig. Und sie können nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Menschenrechtsimperialismus, auch wenn er sich historisch mit Auschwitz zu legitimieren versucht, eine gesellschaftliche Umwälzung von unten nicht ersetzen kann. Gesellschaftlicher Fortschritt muß erkämpft werden. Es gibt keine Alternative zur Emanzipation der Unterdrückten, nicht einmal unterhalb der Schwelle von Revolutionen. Eine Position für kapitalistische Angriffskriege untergräbt aber gerade emanzipatorische Bewegungen. Deshalb kann die Befürwortung des Irakkrieges ebenso wenig eine linke Position sein wie die bloße Ablehnung des Krieges im Irak. Eine antikapitalistische Linke muß sich vielmehr entschlossen gegen jeden Angriffskrieg einsetzen, der letztlich immer der Sicherung des Zugangs der ersten Welt zu Rohstoffen und Märkten in aller Welt dient. |
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Die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär PotsdamDie Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär gibt es in Potsdam seit 1992. Unser Ziel war es von Beginn an, eine Gegenöffentlichkeit zu Entwicklungen insbesondere in der Stadt Potsdam herzustellen und den öffentlichen Alleinvertretungsanspruch der Potsdamer Oberschicht in Frage zu stellen. Durch qualifizierte Gesetzesübertritte, spektakuläre Aktionen und eine Menge Humor ist uns dies in der Vergangenheit auch immer wieder gelungen. Aber natürlich gehören auch langweilige und kontinuierliche Büroarbeit dazu. Die antimilitaristische Arbeit der Kampagne hat durchaus wahrnehmbare Erfolge aufzuweisen. So werden wir inzwischen schon mal gefragt, ob wir ein Militärorchester in Ruhe spielen lassen werden und wenn wir dies verneinen, wird es gar nicht erst eingeladen. Am 20.Juli verziehen sich die Militärs und Stadtpolitiker/innen zu ihren Kranzabwurfritualen in die durch Feldjäger vor Kritik gesicherten Kasernen. Selbst die Traditionsvereine beklagen schon, daß sie bei ihren Auftritten nirgends so verspottet werden, wie in ihrer Heimatstadt Potsdam. Zur Zeit engagieren wir uns vor allem gegen den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche, die seit ihrer Errichtung ein Symbol des preußischen Militärs war und spätestens t seit dem Tag von Potsdam am 21.03.1933 auch ein Symbol für Faschisten war und ist. Weitere Themenfelder sind die Volksinitiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei und der Widerstand gegen die Aufstellung eines vom Bund der Vertriebenen vorgeschlagenen Denkmals auf dem Potsdamer Bassinplatz. Seit 1993 ist die Kampagne gegen Wehrpflicht mit einem Mandat in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung vertreten. Dies nutzen wir vor allem, um an wichtige Informationen zu gelangen, Akteneinsicht insbesondere in der Ausländerbehörde und dem Liegenschaftsamt zu nehmen und um Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Mehrfach konnten wir handfeste Erfolge für alternative Wohnprojekte (wie z.B. die Rückgabe des illegal geräumten Archivs) oder die Aussetzung von Abschiebungen erreichen. Dennoch überschätzen wir die Arbeit im Stadtparlament nicht und setzen auch weiterhin auf direkte und unkonventionelle Einmischung in laufende gesellschaftliche Prozesse. Obwohl wir eine relativ kleine Gruppe sind, verfügen wir über ein recht großes Mobilisierungspotential, das wir auch in Zukunft nutzen wollen, um in Potsdam und anderswo noch manchen in die Suppe zu spucken. |