Der zentrale Punkt der Begründung muß vor allem die Beantwortung der Frage sein, weshalb mein Gewissen mir das Töten von Menschen und auch schon die Ausbildung dazu verbietet. In der Begründung muß also die Erläuterung der Gewissensentscheidung, die Entstehung sowie deren Bedeutung im Leben des Betroffenen enthalten sein. Das Gewissen ist die innere Instanz, geprägt durch die eigene Entwicklungsgeschichte, in der sich die persönlichen Wertvorstellungen und moralischen Maßstäbe verdichtet haben. Das Gewissen unterscheidet zwischen „gut“ und „böse“ und gibt gewissermaßen eine Handlungsanweisung für jeden einzelnen.
Einige wichtige Punkte, die in der Begründung enthalten sein sollten:
Die Erläuterung der eigenen Gewissensbildung
Was ist mein Gewissen?
Wie unterscheide ich zwischen „gut“ und „böse“?
Welche Rolle spielt mein Gewissen im alltäglichen Leben?
Woran erkenne ich, daß es sich um eine Gewissensentscheidung handelt?
Gab es schon einmal Situationen, in denen ich gezwungen war, gegen mein Gewissen zu handeln,
und wie bin ich damit umgegangen?
Was können mögliche Folgen einer Zuwiderhandlung gegen mein Gewissen sein?
Welchen Wert hat für mich ein menschliches Leben und aus welchen Gründen?
Auseinandersetzung mit Krieg, Gewalt und Töten
Warum empfinde ich Krieg, Gewalt und Töten als Unrecht?
Warum lehne ich das Töten im Krieg ab?
Was ist Krieg für mich, welche Beziehung habe ich zum Krieg?
In welcher Form werde ich mit dem Krieg konfrontiert (Zweiter Weltkrieg, Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien,
Golfkrieg – Geschichtsunterricht, Medien, Gespräche mit Betroffenen etc.)?
Was bedeutet heutzutage Krieg in der Realität?
Wie entstehen Kriege?
Wie verhalte ich mich gegenüber Gewalt (im täglichen Leben)?
Auseinandersetzung mit Aufgaben des Militärs bzw. der Bundeswehr
Welche Aufgaben haben Armeen im Allgemeinen und die Bundeswehr im Speziellen
(„Frieden sichern“, „Verteidigen“)?
Warum gibt es Armeen?
Warum kann ich in keiner Armee dienen?
Häufig reicht bei den einzelnen Fragen die Benennung der Tatsachen aus.
Sie müssen somit nicht umständlich umschrieben werden. Zum Beispiel:
„Mein Gewissen läßt mich zwischen ‚gut‘ und ‚böse‘ entscheiden.“,
„Ich empfinde Krieg und Gewalt als großes Unrecht.“,
„Mein Gewissen verbietet mir, einen Menschen zu töten.“,
„Der Zwang, gegen mein Gewissen zu handeln, würde eine starke seelische Belastungen darstellen.“
etc.
Bei anderen Fragen ist es ratsam, ausführlicher auf sie einzugehen.
Gerade die Beantwortung der Frage, was Krieg für einen bedeutet, in welcher Form man heutzutage mit Kriegen konfrontiert wird, welche Aufgaben die Armeen haben, welches Leid durch Kriege erzeugt wird etc., läßt den den Leser den Eindruck einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik gewinnen. Dabei kommt es nicht darauf an, daß min der Begründung einer offiziellen Meinung entsprochen wird; eher im Gegenteil sollte jeder versuchen, seine persönliche Meinung darzulegen. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Behauptungen in der Begründung aufgestellt werden, deren „Wahrheitsgehalt“ nicht unmittelbar ersichtlich ist. So ist es ungünstig, sich zu solch plakativen Aussagen wie „Soldaten sind Mörder“ oder „Die Bundeswehr ist eine Angriffsarmee“ verleiten zu lassen, wenn es innerhalb der Begründung nicht gelingt, diese Aussage zu erklären oder mit Hilfe von Tatsachen zu belegen.
Entwicklung der Gewissensentscheidung.
Im weiteren Verlauf der Begründung sollet es dann zu einer Beschreibung der Entwicklung seiner Gewissensentscheidung zur Kriegsdienstverweigerung kommen. Dabei wird auf Ereignisse und Erlebnisse zurückgegriffen, die in dem Lebenslauf bereits schon genannt wurden und nun näher zu erläutern sind.
Einige Beispiele:
Erziehung
Wie wurden Konflikte in der Familie gelöst?
Welche Art von Strafen hat man in der Kindheit erlebt?
Gab es Kriegsspielzeug?
Wie war das Verhältnis zu Geschwistern?
Persönliche Kontakte
Gab es Personen, die einen in seiner Persönlichkeitsentwicklung stark beeinflußt haben
(Großeltern, Lehrer, Pfarrer etc.)?
Inwiefern habe ich Meinungen dieser Personen auch als für mich verbindlich übertragen?
Erlebnisberichte von Kriegen und Gewalt
(Verwandte, Schule, Medien, Bücher, Filme etc.)
Was habe ich dabei empfunden?
Was konnte ich daraus lernen?
Glauben, Weltanschauung
Inwiefern wurde meine Gewissensentscheidung von meiner Weltanschauung beeinflußt?
Widerspricht Kriegsdienst meiner christlichen Erziehung und warum?
Welchen Einfluß haben die zehn Gebote auf meine Gewissensentscheidung?
Erfahrungen von sozialer Not, Krankheit und Tod
Inwiefern war ich irgendwann einmal gezwungen, mich mit dem Wert meines oder eines anderen
Lebens auseinanderzusetzen?
Hat diese Erfahrung zu der Einsicht geführt, niemals einem anderen Menschen ein Leid zuzufügen,
daß man selbst erlebt hat?
Politik im weitesten Sinne
Wie verträgt sich Kriegsdienst mit meinem politischem Engagement?
Wie stehe ich zu Rüstungsexporten?
Vorsicht: Eine ausschliesslich auf politischen Gründen aufgebaute Begründung führt
zur Ablehnung.
Ablehnungsgründe
Es kann vorkommen, daß in einem Lebenslauf Umstände auftauchen, die Grund für eine
Ablehnung bieten. Beispiele wären die Mitgliedschaft in einem Schützenverein,
das Betreiben einer Kampfsportart, Verurteilungen wegen Fahrens unter Alkohol oder
Körperverletzung, Anstellung bei einer Wach- und Schließgesellschaft, die freiwillige Meldung
bei der Bundeswehr etc.
Auch wenn man glaubt, ausschließen zu können, daß dem Bundesamt für den Zivildienst
dieser Umstand bekannt ist, kann es doch möglich sein, daß das Bundesamt
davon Kenntnis erhält. Daß danach berechtigte Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Begründung
auftreten, ist dem Bundesamt für den Zivildienst nicht zu verdenken.
Deshalb ist es empfehlenswert,
diese Tatsachen in der Begründung mit anzugeben und schlüssig und geeignet zu begründen;
das bedeutet, es sollte erklärt werden, was sich seitdem geändert hat
(weshalb man damals dachte, richtig gehandelt zu haben, was der Unterschied zwischen
Boxen und Kriegsführung ist, warum eine Armee kein Wachschutz ist etc.).
Gerade bei solchen Begründungen ist es immer ratsam, eine kompetente Beratungsstelle aufzusuchen und um Rat zu fragen. Das gilt auch für diejenigen, die unsicher sind, ob das, was sie geschrieben haben zur Anerkennung führt oder nicht.
Ein geeignetes Mittel der Selbstkorrektur ist nach mehrmaligem Durchlesen der Begründung die Frage, ob man sich selbst oder seine Freundin, Eltern etc. davon überzeugen konnte, ein anerkennungswürdiger Kriegsdienstverweigerer zu sein.
Umfang
Der Umfang der Begründung richtet sich vor allem nach dem Inhalt. Grundsätzlich sollte man nicht weniger als zwei Schreibmaschienenseiten schreiben, allerdings wurden auch schon Begründungen mit geringerem Umfang anerkannt. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, daß auch Fleißpunkte vom Bundesamt für den Zivildienst verteilt werden.