Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung [MAZ]
18.09.2003 VOR ORT : POTSDAM : AUF EINEN BLICK
ID: 131926

KNOBLICH: ALLE PARLAMENTSFUNKTIONEN PASSEN HINEIN

Landtag kostet ohne Schlossfassade 59 Millionen

Ein Landtagsneubau auf dem Alten Markt in Potsdam kostet zwischen 59 Millionen und 75 Millionen Euro. Hierin sind die Kosten für eine originalgetreue Fassade und die Rekonstruktion der Kopfbauten noch nicht enthalten, die auf 50 Millionen Euro geschätzt werden. Diese Rechnung legte gestern Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD) auf einer Präsidiumssitzung vor.

Bei den neuen Zahlen berief er sich auf Angaben der Stadt. Der Sanierungsträger Potsdam hatte ein Berliner Büro beauftragt, vier Stadtschlossvarianten vergleichend zu untersuchen. Danach herrscht laut Knoblich Klarheit in einer wichtigen Frage: Es ist baulich möglich, alle für den Parlamentsbetrieb nötigen Räume am Standort unterzubringen. Vermutungen, dass Teile der Parlamentsverwaltung oder der Abgeordnetenbüros keinen Platz finden würden, seien zerstreut, sagte der Landtagspräsident.

Noch unbeantwortet ist die entscheidende Frage, ob das Landtagsschloss teurer würde als eine Sanierung des jetzigen Parlamentsstandorts auf dem Brauhausberg. Für die historische Fassade einschließlich der Kopfbauten geht man von etwa 50 Millionen Euro aus, so dass ein moderner Landtag mit vorgesetzter Schlossfassade mehr als 100 Millionen kosten würde.

Für die Sanierung des "Kreml" wurden laut Knoblich vom Finanzministerium 73 Millionen Euro angegeben. Es sei allerdings zu prüfen, ob diese fünf Jahre alte Zahl noch Bestand hat; nach MAZ-Informationen ist sie überholt.

Die Stadt ist am Freitag gebeten worden, zusätzlich zu den vier Schlossvarianten vergleichbare Berechnungen für den "Kreml" vorzulegen. Die 73 Millionen sind dabei Grundlage; zusätzlich müssen die Kosten für die Anlage einer aus Sicherheitsgründen nötigen zweiten Zufahrt und für Parkhäuser ermittelt werden.

SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch begrüßte den Vorstoß Knoblichs. Nach seinen Angaben könnten im Schloss weitere Einrichtungen Platz finden und das Projekt auf diese Weise noch verbilligen. Nötig sei es jetzt, sich ein Gesamtbild zu machen und rasch zu entscheiden, sagte Fritsch. Was eine eventuelle Nachnutzung des "Kreml" betreffe, da "soll sich mal das Finanzministerium Gedanken machen", so der Fraktionsvorsitzende. Er erinnerte daran, dass Brandenburg für seine Behörden an vielen Stellen noch teuer mietet. "Wenn wir solche Ämter auf dem Brauhausberg zusammenführen, wäre das eine weitere Einsparung."

Mit dem Projekt eines bezahlbaren Landtagsschlosses sympathisierte gestern auch Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bei einer Potsdam-Visite. "Ich liege da mit dem Ministerpräsidenten und dem Oberbürgermeister näher zusammen, als Herr Platzeck mit seinem Bauminister", stichelte er. Minister Hartmut Meyer (SPD) sagte gestern bei der Übergabe neuer, millionenschwerer Förderbescheide für die Potsdamer Stadtentwicklung, der Landtag sei "kein belebendes Element" in der Stadtmitte. Es werde "keinen historischen Wiederaufbau" geben.

M.K./V.Kl.

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