Quelle:Berliner Zeitung, 31.05.2003

Streit um Garnisonkirche neu entflammt

Spendenverein beteiligt sich nicht an neuer Ausstellung

MARTIN KLESMANN

POTSDAM. Eigentlich wollte die evangelische Kirche rechtzeitig zum Ökumenischen Kirchentag ein Zeichen setzen: Seht her, wir bauen in den nächsten Jahren die 1968 gesprengte Garnisonkirche als Versöhnungszentrum wieder auf. Das sollte das Signal sein.

Stattdessen aber hat sich am Freitag einmal mehr gezeigt, wie tief die Gräben zwischen der evangelischen Kirche und der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG) sind. Die TPG, eine Vereinigung ehemaliger Bundeswehroffiziere, hat nämlich 5,7 Millionen Euro an Spenden gesammelt, doch lehnt sie aus weltanschaulichen Gründen den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms als Versöhnungszentrum ab. Die Kirche plane "eine Art Anti-Garnisonkirche", die vor allem gesellschaftspolitisch motiviert sei, war TPG-Chef Max Klaar aus Bonn zu vernehmen. Dafür sei das gesammelte Geld aber nicht bestimmt. Nach Ansicht der erzkonservativen TPG sei in dem wieder aufgebauten Garnisonkirchturm kein Platz für "Kriegsdienstverweigerer-Beratungen, Kirchenasyle, Schwulensegnungen und feministische Theologie".

So ist es nur folgerichtig, dass die Traditionsgemeinschaft sich nicht an der Ausstellung "Zur Garnisonkirche" beteiligt, die am Sonnabend in einem ehemaligen Studentenlokal an der Breiten Straße eröffnet. Dort, wo sich heute ein Plattenbau befindet, war 1735 die Garnisonkirche erbaut worden. 1968 ließen die SED-Machthaber die Kirchenruine als Hort des preußischen Militarismus sprengen. 1933 hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler in der Garnisonkirche in einem symbolischen Akt die Hand gereicht.

Die Ausstellung in den kargen Räumen zeigt historische Fotos der Kirche, einen Feldaltar und eine Glocke, die 1950 aus den Resten des historischen Glockenspiels gegossen wurde. Max Klaar habe sich leider Gesprächen über die Ausstellung verweigert und Vorbedingungen gestellt, sagte der Potsdamer Superintendent Bertram Althausen am Freitag. "Ich denke aber, die TPG wird ihm das nicht durchgehen lassen." Stephan Goericke vom Freundeskreis Potsdamer Garnisonkirche konterte sofort: Althausens persönlicher Angriff auf Max Klaar vergifte die Atmosphäre. Althausen kündigte an, dass die evangelische Kirche nun ihrerseits mittels einer Stiftung Spendengelder sammeln werde. Er sprach sich nochmals dafür aus, dass eine Kopie des Nagelkreuzes von Coventry auf die Kirchturmspitze gehöre und nicht die alte preußische Wetterfahne. Auch Wieland Eschenburg, der Büroleiter des Potsdamer Oberbürgermeisters, kritisierte die TPG: "Es wächst Unverständnis darüber, dass sie das Geld nicht freigeben."

Stadtkirchenpfarrer Martin Vogel betonte, dass in den Ausstellungsräumen auch Kirchenarbeit stattfinden werde. Draußen vor der Tür stellten Arbeiter an diesem Tag das historische gusseiserne Portal der alten Garnisonkirche auf - TV-Moderator Günther Jauch hatte dafür 4 000 Euro gespendet und einen baldigen Wiederaufbau des Kirchturms angemahnt.

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