"Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben, an deines Volkes Aufersteh'n; laß' diesen Glauben Dir nicht rauben trotz allem, allem, was gescheh'n und handeln sollst Du so als hinge von Dir und deinem Tun allein das Schicksal ab der Deutschen Dinge und die Verantwortung wär' dein!"

"Wach auf, wach auf, du deutsches Land, du hast genug geschlafen.......“

Diese Liedzitate kann man, wie vieles, im Internet finden. Das ist an sich auch nicht außergewöhnlich, schließlich kann man dort jeden auch noch so großen Unsinn und jede noch so menschenverachtende Weltanschauung finden, warum dann also nicht ein paar Zeilen rechtsradikalen Liedguts.
Erschreckend und bezeichnend zugleich ist dann aber doch, wo sie zu finden sind. Unter www.garnisonkirche.de gleich auf der Startseite des Traditionsvereins Potsdamer Glockenspiel e.V.. Dieser Verein existiert mit einem einzigen Ziel: dem Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche. Und da er in der Vergangenheit die beträchtliche Summe von fast 8 Millionen Mark zusammenbekommen hat, ist er bei den Politikern wohlgelitten und erster Ansprechpartner in Sachen Garnisonkirche. Der Traditionsverein also als behördlich anerkannter Wiederaufbauexperte. Aber welcher Geist, welche Traditionslinien stehen denn dahinter?

Schon der Soldatenkönig, der die Garnisonkirche erbauen ließ, machte klar, welchen Zweck sie haben sollte: „eine Versammlungshalle für die geistig-moralische Züchtigung der ‚Riesenkerle’“. Daß es sich ja eigentlich schon noch um eine christliche Kirche handelte, hinderte den Soldatenkönig nicht, schon 5 Jahre nach ihrem Bau gleich neben der Kanzel zwei Statuen der römischen Kriegsgottheiten Mars und Bellona aufstellen zu lassen. Der christliche Monotheismus hatte da einfach nicht genügend zu bieten.

Seine Nachfolger nutzten die Kirche vor allem als Ausstellungshalle für erbeutete Kriegstrophäen, so Fahnen und Standarten aus dem 2. Schlesischen Krieg oder auch aus dem Krieg gegen Napoleon. Diese Tradition wurde im Kaiserreich fortgesetzt, als Kaiser Wilhelm I. 1872 alle [nunmehr gesamt-groß-deutschen] Trophäen aus dem deutsch-französischen Kriege in der Garnisonkirche dauerhaft ausstellen ließ. Eine Wiedereinweihungsfeier nach Umbau 1898 fand selbstverständlich unter pompöser Militärmusik, Aufstellung aller vorhandener Kriegsbeutestücke und Anwesenheit des Kaiserlichen Paares statt. Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurden auf Kaiserlichen Geheiß von ihrem Turm die Melodien „Heil Dir im Siegerkranz...“, „Wohlauf Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd...“ oder „Deutschland, Deutschland über alles...“ abgespielt, um die ausziehenden Soldaten ein wenig aufs Vaterland einzuschwören.

International bekannt wurde die Kirche dann aber durch ein einziges Ereignis, nämlich den „Tag von Potsdam“ am 21.3.1933, als der neugewählte NS-Reichstag ein paar Wochen nach dem Reichstagsbrand in Berlin hier zusammentrat. In dem Zusammenhang wird oft behauptet, die Kirche wurde entgegen ihrer Geschichte dazu missbraucht, oder auch, Hitler hätte nur widerwillig diesen Ort gewählt. Hören wir uns doch einmal an, was der Herr Hitler dazu zu sagen hatte. Ich zitiere: „Es gibt kein höheres Symbol, als daß nach dem Verbrechen im Reichstag jetzt die nationale Regierung nach Potsdam geht, um an der Bahre des großen, unsterblichen Königs in der Garnisonkirche das neue Werk des deutschen Wiederaufbaus zu beginnen.“ Soviel also zum Symbolgehalt der Garnisonkirche für die alten und wohl auch für die neuen Nazis.

Nur eines war dieser Bau wohl nie: eine ganz normale Kirche.

Und die Traditionsgemeinschaft? Nun, sie bemüht sich, so gut sie kann, getreu ihrem Namen an diese Traditionen anzuknüpfen. Als Protagonisten eines Militärtempels sind sie selbstverständlich aus dem Militär hervorgegangen: Das Fallschirmjägerbatallion in Iserlohn bei Bonn ist die Gründungsstätte. Dort konnten die Hobbypreußen schon lange vor der Wende ungestört ihrer Leidenschaft nachgehen. Der Vorsitzende Max Klaar, selbstverständlich Oberstleutnant der Reserve, hat gleich in den Wendemonaten 1989 in einem Rundbrief ein Deutschland in den Grenzen von 1937 gefordert. Später beeilte er sich zumindest noch zu behaupten, daß diese Auffassung der Rechtsprechung des BVerfGs entsprochen und er durch anderslautende Äußerungen seine Dienstpflichten verletzt hätte. In der letztjährigen Sommerausgabe seines Vereinsrundbriefes beantwortet er fast nebenbei die Frage nach der Schuld am zweiten Weltkrieg: Selbstverständlich waren es die Polen, die Tschechen und die Russen, die die Deutschen zum Krieg gezwungen hätten, und die Engländer und Amerikaner, die den kleinen lokalen Konflikt zum Weltkrieg gemacht hätten. Alles in allem jedenfalls ein bedauernswerter „Leidensweg des deutschen Soldaten“.

Solche Verlautbarungen halten unsere Politiker allerdings keineswegs davon ab, den Bestrebungen dieser Leute lautstark zu applaudieren. Besonders tut sich hier, wie könnte es anders sein, unser Innenminister Jörg Schönbohm hervor. In einem Schreiben an den Verein dankte er ihm und lobt ihn für seinen unermüdlichen Einsatz für den Wiederaufbau. Auch Bundes- und Landesmittel hat er ihm in Aussicht gestellt und machte höchstselbst den Vorschlag, die zu gründende Stiftung „Friedrich-Wilhelm-Stiftung“ zu nennen. Schließlich verstieg sich Schönbohm sogar noch zu der Bemerkung, der Wiederaufbau sei eine „Aufgabe von nationaler Bedeutung“ und würde „zugleich große internationale Beachtung“ erregen. Daher also weht der Wind. Das letztere würde ich ihm sogar abnehmen, schließlich hat Preußisch-Großdeutschland schon mal seinen europäischen Nachbarn das Blut in den Adern gefrieren lassen!

Wie blind muß man eigentlich sein, um nicht zu sehen, welcher Geist hier weht und was für Leute ein solches Bauwerk in Massen anziehen wird? Und wie naiv muß man sein, um zu glauben, daß das Deckmäntelchen einer Ausstellung oder eines Kirchenraumes dies verhindern könnte? Die Argumentation mit architektonisch-städtebaulichen Aspekten ist da doch der reinste Hohn!

Verhindert werden muß der Aufbau dieses Preußentempels.
Der Traditionsverein rechnet übrigens Ende des Jahres mit der Baugenehmigung und für den 14. April 2002 mit der Grundsteinlegung.
Laßt uns alles tun, um diesen Wahnsinn zu verhindern!
Nie wieder Preußen! ...

zurück