Prof. Dr.
Margarita Mathiopoulos |
||
|
||
Rede
zur Gründung des „Potsdam Center for Transatlanatic Security
and Military Affairs“ an der Universität Potsdam am 4 März
2002 Prof. Dr. Margarita MATHIOPOULOS, Gründerin und Geschäftsführende Direktorin; Professorin für Internationale Sicherheitspolitik an der Universität Potsdam; Geschäftsführende Gesellschafterin der EAG European Advisory Group, Berlin
Anrede
Zwei
Gründe haben uns bewogen das „Potsdam Center for
Transatlanic Security and Military Affairs“ins Leben zu rufen.
Bitte gestatten Sie mir dazu einige inhaltliche Bemerkungen: Erstens
hatten die Deutschen noch nie ein unverkrampftes Verhältnis zu
ihrem Militär. Auch nicht in den 40 Jahren Bonner Republik. Wie
auch, wenn Sicherheits-, Verteidigungspolitik und
Militärplanung im politischen darkroom unter
Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Das Militärische ist
dem Staatsvolk, dessen Freiheit und Wohlstand es schützt, fremd
geblieben. Obwohl die Bundeswehr als Verteidigungstruppe
konzipiert und ein Musterbeispiel für Demokratieentwicklung im
Nachkriegsdeutschland ist. Das deutsche Modell „Innere
Führung“ ist mittlerweile, ein Exportschlager
geworden. Natürlich gehen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik weit
über das Militärische hinaus. Aber seit dem 2.Weltkrieg, von
Adenauer bis Kohl, hat die Sicher- heits- und
Verteidigungspolitik bei uns nicht den Stellenwert gehabt, der
ihr in einer freiheitlichen und wehrhaften Demokratie zukommt.
Das Militärische, Soldaten, Waffentechnologie und Rüstungsindustrie
sind aber der Kern jeder Sicherheitspolitik. „Frieden um jeden
Preis“, ein beliebter Slogan
bei einigen Gruppen in Deutschland, heißt im Ernstfall, das
Ende der Demokratie, oder nach dem 11 September, die
Kapitulation vor totalitärem Terror.
Innere
Freiheit und äußere Sicherheit haben ihren Preis. Deutsche
Normalität im 21.Jahrhundert heißt weder neue Hemdsärmeligkeit,
noch Beliebigkeit, sondern demokratische Stabilität
und sicherheitspolitische Verlässlichkeit. Diesen
Aufgabenstellungen wollen wir uns am Potsdam- Center widmen und
forschungsrelevante sowie lösungs- orientierte
Beiträge dazu leisten. Zweitens sehen wir die Gefahr, dass es eine zunehmende Entfremdung zwischen Amerika und Europa gibt, die vielleicht tiefer geht als gelegentliche transatlantische Divergenzen während des Kalten Krieges. Der Glaube wächst auf beiden Seiten des Atlantik, man könne die Gefahren einer neuen globalen Weltordnung alleine und/oder anders meistern. Nicht beiderseitige heftige verdeckte oder öffentliche Kritik am jeweiligen Bündnispartner, sondern die institutionelle und militärische Stärkung der NATO ist das Mittel, um europäischen Einfluss auf die Politik der amerikanischen Verbündeten geltend machen zu können. Zu Recht mahnt NATO-Generalsekretär George Robertson – auch in „blauen Briefen“ an die die deutschen und anderen NATO-Partner – ihre z.T. mangelhaften Verteidigungsfähigkeiten zu beheben, wenn sie eine gleichberechtigte und ebenbürtige Verteidigungspartnerschaft mit Amerika ernsthaft wollen. Der 11 September sollte man meinen, hat den Partnern auf beiden Seiten des Atlantik nachhaltig bewusst gemacht, wie essentiell das transatlantische Bündnis ist. Er hat gezeigt, dass die neuen, globalstrategischen Herausforderungen des 21.Jahrhunderts in der Tat einer kollektiven Antwort bedürfen. Über Nacht wurde die NATO- wenigstens verbal- zu einem globalen Akteur. Waren die Debatten über die strategischen Folgen asymmetrischer terroristischer Bedrohung in den neunziger Jahren noch eine akademische Angelegenheit, so ist diese Diskussion heute von der Realität eingeholt. Daß
die Allianz nach dem Ende des Kalten Krieges nicht an Bedeutung
verloren hat, sondern vielmehr bereit ist, sich neuen
strategischen Herausforderungen zu stellen, hat der 50.NATO-Gipfel
im April 1999 deutlich gemacht. Das dort verabschiedete
Neue Strategische Konzept der NATO spricht explizit
davon, dass die Sicherheitsinteressen der Allianz künftig
auch durch Terrorismus, Sabotage und organisierte Kriminalität
sowie durch die Unterbrechung wichtiger Ressourcenströme gefährdet
sein können. Tragischerweise brauchte
es nur zwei Jahre, bis diese Bedrohungsanalyse in der
Praxis bestätigt wurde. Diesen
globalen Herausforderungen wird die Atlantische Gemeinschaft im
21.Jahrhundert aber nur begegnen und dabei sicherheitspolitisch
und militärisch relevant bleiben können, wenn
sie sich von klar definierten strategischen Prioritäten leiten
lässt. Dazu will das Potsdam-Center einen Beitrag leisten:
Zur neuen globalen Rolle der NATO, zur Rolle nuklearer
Waffen im 21.Jahrhundert, wie sind die russischen und
asiatischen Sicherheits- und Militärinteressen einzuschätzen,
zur Prävention der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen,
zu transnationalen Risiken und Anti-Terror-Strategien
und vor allem zur Stärkung der europäisch-amerikanischen
Sicherheitspartnerschaft. NATO und
EU werden in Zukunft weitaus stärkeres Gewicht als bisher
auf ihre gemeinsame, kollektive Fähigkeit zur
Krisenintervention legen müssen. Die
Defense Capability Initiative (DCI)der
NATO,die EU-Headline Goals und die Collective Capability Goals
der Union sind ergänzende, auf dieses Ziel orientierte
Instrumente. NATO und EU können für eine erfolgreiche
Krisenintervention nur auf einen gemeinsamen pool
von Streitkräften zurückgreifen; und DCI, eine Europäische
Sicherheits- und Verteidigungsidentität sowie eine Gemeinsame
Europäische Außen- und Sicherheitspolitik haben
die Aufgabe, diesen Streitkräftepool zu stärken. Nur so
kann auch eine global agierende NATO militärisch relevant und
glaubwürdig bleiben. Soll eine globale Rolle der NATO nicht nur
eine leere Formel auf
dem Papier bleiben und die Allianz nicht zu einer besseren Friedenstruppe
oder zu einer Art zweiter OSZE degenerieren, dann
sind alle NATO-Partner nach dem 11.September aufgefordert, ihre
militärischen Fähigkeiten substanziell zu verstärken. Damit
ist nicht nur eine intensivere Kooperation in den
Bereichen Infrastruktur, Verteidigung und Logistik angesprochen.
Es geht auch um die Herstellung transatlantischer Synergieeffekte
bei der Beschaffungspolitik und um eine stärkere
Zusammenarbeit der Verteidigungsindustrien auf beiden
Seiten des Atlantik. Die Devise kann nicht „buy American“
oder „buy European“ heißen, sondern „buy transatlantic“.
Das heißt: Wir brauchen die besten Systeme zum günstigsten
Preis. An einer transatlantischen Zwei -Klassen-Gesellschaft,
wie sie sich im Zuge der RMA (Revolution in Military Affairs)
herausgebildet hat, kann weder Amerika noch Europa gelegen sein.
Wirklich
global wird die NATO nur, wenn sie zu globaler militärischer
Intervention und Macht-Projektion in der Lage
ist. Und genau darin liegt eine der Hauptaufgaben der Amerikaner
und der Europäer in den kommenden Jahren. Selbst mit
einem geplanten Verteidigungshaushalt von 415Mrd.US$
werden die USA nicht in der Lage sein – auch wenn
sie immer wieder vor der Versuchung stehen mögen, wie
zuletzt im Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan – weiteren
bevorstehenden Krisen und sicherheitspolitischen Herausforderungen
allein zu begegnen. Amerika braucht einen
starken und verlässlichen Partner – und Europa ist auf
dem Weg zum global player die
beste Wahl. To make the
world safe for democracy wird in Zukunft mit den Europäern
besser gelingen als ohne sie. Dazu wollen wir mit dem Potsdam-Center
einen bescheidenen Beitrag leisten.
Lord
Robertson, lieber George, Ihnen danke ich von Herzen, dass
Sie die Zeit gefunden haben, heute nach Potsdam zu kommen.
Wir empfinden es als Ehre und Auszeichnung, dass
Sie zu uns sprechen werden. Als
ebenso große Ehre und Auszeichnung sehen wir die Präsenz
von Dr.Henry Kissinger als Honorary Chairman unseres Advisory
Boards an. Leider
konnte aufgrund anderer Verpflichtungen
Dr. Kissinger heute nicht bei uns sein, dafür wird er
aber später im Jahr an einer Veranstaltung des Center
teilnehmen. Ein
besonderer Dank gilt auch dem deutschen Honorary Chairman des
Center, dem deutschen Verteidigungsminister. Ihnen, lieber Herr
Scharping, und Ihren Stäben danken wir sehr
herzlich sowohl für die ideelle wie materielle Unterstützung.
Ferner freuen wir uns sehr über das zahlreiche Kommen unserer Advisory Board Mitglieder aus dem In-und Ausland: Dr.Bill
Schneider, Bill es ist fabelhaft, dass Sie aus Washington
eigens für die Eröffnung des Center nach Potsdam
gekommen sind; Minister Schönbohm, General Schneiderhahn,
General Naumann, Minister Ilves,bis vor kurzem
der Außenminister Estlands, Admiral Lanxade, der Abgeordnete
Manfred Opel, Prof. Hacke, Prof. Kroener, Dr.
Duppler und Botschafter Dr.Gyarmati, bis vor kurzem der
Stv. Verteidigungsminister Ungarns.
Auch
ist es eine besondere Freude für uns, dass der rumänische
Verteidigungsminister, Prof. Dr. Ioan Pascu heute bei uns ist.
Herr Minister, wir danken Ihnen sehr für Ihr Kommen.
Daß
ich heute hier stehe verdanke ich Ihnen, Magnifizenz, und vor
allem meinem Kollegen Prof. Dr. Manfred Görtemaker, der meine
Berufung an die Universität Potsdam initiierte. Ich danke
den Kollegen sehr herzlich für diese Auszeichnung, und freue
mich sehr auf die Lehre und Forschung hier an der Universität
sowie auf die Zusammenarbeit mit Ihnen allen.
Ebenso
freue ich mich auf die herausfordernde Aufgabe das Potsdam
-Center gemeinsam mit meinem langjährigen Kollegen
Manfred Görtemaker mit wissenschaftlichem Leben
zu füllen.
|
||