Braucht Potsdam einen Gedenkstein gegen das Potsdamer Abkommen?

In Potsdam soll gemeinsam mit dem Bund der Vertriebenen ein Vertriebenendenkmal aufgestellt werden. Geht es nach dem Willen der Gedenktafelkommission, des BdV und des Oberbürgermeisters wird das Denkmal am Bassinplatz aufgestellt. Der Stein soll ein Albert Schweitzer-Zitat tragen: "In schlimmster Weise vergeht man sich gegen das Recht, wenn man Völkerschaften das Recht auf das Land, das sie bewohnen, in der Art nimmt, daß man sie zwingt, sich anderswo anzusiedeln."

Es ist unstrittig, dass die Umsiedlung von Millionen Menschen tragische Schicksale und große soziale Probleme mit sich brachte. Dennoch sprechen viele Gründe dagegen, ein Denkmal für Vertriebene in Potsdam aufzustellen.

Als sich die Niederlage der Hitler-Wehrmacht im 2. Weltkrieg abzeichnete und die Rote Armee über Polen nach Deutschland vordrang, löste dies eine der größten Umsiedlungen des Jahrhunderts in Europa aus. Zunächst evakuierte die Wehrmacht teilweise Deutsche oder nach dem faschistischen Weltbild als Deutsche betrachtete Menschen weiter ins Hinterland. (Allerdings verfuhr sie dabei durchaus halbherzig, um die Kriegmoral nicht durch von der zusammenbrechenden Front kommenden Flüchtlingsströmen untergraben zu lassen.) Der Zusammenbruch der Ostfront löste dann eine Massenflucht aus, die vor allem durch die Angst vor Racheakten der Roten Armee bzw. der jahrelang durch deutsche unterdrückten polnischen Bevölkerung motiviert war. Nach der Kapitulation Deutschlands im Vorfeld des Potsdamer Abkommens fanden dann in der Tat exzessive Vertreibungen Deutscher statt. Damit sollten im Vorfeld des Treffens auch vollendete Tatsachen geschaffen werden. Im Potsdamer Abkommen einigten sich die Alliierten auf die jetzigen deutschen Außengrenzen und auf die Ausweisung deutscher Bevölkerungsgruppen aus Polen, der Sowjetunion und der Tschechoslowakei. Dabei trugen die Siegermächte der Tatsache Rechnung, dass Deutschland immer wieder mit konstruierten völkischen Minderheiten andere Staaten germanisiert und destabilisiert hatte. Die völkerrechtlich abgesicherten Ausweisungen Deutscher nach dem Potsdamer Abkommen bildeten die letzte Phase dessen, was heute mit dem allgemeinen Begriff Vertreibung bezeichnet wird.

Der geplante Gedenkstein wird diesen komplexen geschichtlichen Vorgängen nicht gerecht. Vielmehr reduziert er diese auf die Behauptung, dass die Vertreibungen schlimmstes Unrecht waren. Geschichtliche Hintergründe und Zusammenhänge werden einfach ausgeblendet.

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