PNN
Autor: Jan Brunzlow

Datum: 25.07.2005

Symbolisch Hiroshima-Platz benannt

Grüne stellten Gedenktafel vor Truman-Villa auf – dort soll erster Nukleareinsatz befohlen worden sein

Babelsberg - 60 Jahre nach dem Befehl für den Abwurf der ersten Atombombe in der Menschheitsgeschichte wurde gestern an der Karl-Marx-Straße symbolisch eine Gedenktafel aufgestellt. Grünenpolitikern und Vertreter der Vereinigung Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) erklärten den bisher unbenannten Platz vor der Truman- Villa symbolisch zum „Hiroshima Platz“. Nun will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach der Sommerpause einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung einbringen, diesen Platz in Gedenken an die Opfer und den Abwurfbefehl von US-Präsident Harry S. Truman zu benennen (PNN berichteten).

Gespräche zwischen ihm und anderen Stadtverordnetenfraktionen habe es bisher nicht gegeben, sagte Peter Schüler von den Bündnisgrünen. Der Antrag spräche für sich. In seiner Ansprache erinnert er daran, dass dieser Ort, die Truman-Villa, vor 60 Jahren eine bedeutende Rolle spielte. „Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wurde der Befehl zum Abwurf der Atombombe hier ausgelöst“, erklärte Schüler vor etwa 20 Anwesenden. Allein das Gedenken an die Opfer verdiene daher, dass dieser Platz künftig so heiße.

Als erste Reaktion nach Bekanntgabe der Aktion erhielt er einen Anruf einer Frau. Sie habe „den Atombombenabwurf auf Hiroshima als notwendig bezeichnete“, sagte Schüler. Deshalb habe er nochmals in den Geschichtsbüchern nachgelesen. Während Deutschland kapituliert hatte und Truman ebenso wie Churchill und Stalin zwischen 17. Juli und 6. August in Potsdam waren, kämpften die Japaner weiter. Truman erfuhr in Potsdam von Diplomaten, dass sich die japanische Regierung diskret nach den Friedensbedingungen erkundigte. Das Kaiserreich war bereit, sich zu ergeben. Die einzige Bedingung der Japaner: Der Tenno dürfe auf keinen Fall abgesetzt oder gar, wie auf alliierter Seite gefordert, vor ein Gericht gestellt werden. Truman, Stalin und Churchill lehnten ab: Wenn Tokio die bedingungslose Kapitulation nicht akzeptiere, so sah es Truman, dann werde ab Herbst 1945 die US-Invasion anrollen. Am 6. August vernichtete eine erste Atombombe die Stadt Hiroshima und zirka 130 000 Menschenleben, drei Tage später eine weitere Bombe Nagasaki. Der Befehl dafür soll am 24. oder 25. Juli von Potsdam aus gegeben worden sein. Japan gab sich am 17. August geschlagen.

„Wir werden zwar nicht wissen, welche Gründe Truman veranlasste, diesen Befehl zu geben“, sagte Schüler. Doch vor allem sei es ein Experiment gewesen. Vielleicht habe die Bombe auch dazu gedient, die Japaner, wie von der Anruferin geschildert, zur Kapitulation zu zwingen. Doch, so der Bündnisgrüne, „unterscheiden solche Waffen nicht zwischen beteiligten und unbeteiligten Personen“ und seien deswegen untauglich zur Konfliktlösung. In der Truman-Villa hat heute die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung ein Domizil.

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